Die lehrreiche Geschichte vom Lehrer, der vergeblich einen Baumeister, und vom Baumeister, der ebenso vergeblich einen Lehrer suchte
Da war ein junger Mann mit abgeschlossenem Lehrerexamen, der nun einen Hausstand gründen und zu diesem Zwecke eine Anstellung als Lehrer übernehmen mochte. Dieser Mann war von sich aus grundsätzlich dazu in der Lage und bereit, in irgendeinen Schuldienst einzutreten, um sich mit dem Erlös aus seiner Lehrertätigkeit beispielsweise ein Haus oder eine Wohnung kaufen zu können. Er wollte einerseits ein Gut, seine Dienstleistung, anbieten, und es bestanden eigentlich keinerlei in ihm liegende Schwierigkeiten, daß er sein Angebot auch tatsächlich produzieren konnte. Andererseits hatte er einen konkreten und dringenden Bedarf nach Wohnraum. - Aber unser junger Mann bekam nirgendwo eine Anstellung, er war erwerbslos.
Und dann gab es einen Bauarbeiter, der wiederum daran interessiert war, daß seine Kinder eine optimale schulische Ausbildung erführen, und der es daher gern gesehen hätte, wenn die für seine Kinder in Frage kommende Schule durch Einsatz von mehr Lehrkräften geringere Klassenstärken als bisher zu bieten in der Lage gewesen wäre. Und unser Bauarbeiter war auch grundsätzlich bereit, anteilmäßig die Kosten für Lehrpersonal in der von ihm gewünschten Zahl direkt oder indirekt über Steuern aufzubringen - was hier heißen sollte, beispielsweise unseren Lehrer (zusätzlich) zu bezahlen -, und er mochte zu diesem Zweck fleißig in seinem Fach arbeiten, das heißt, Häuser und Wohnungen bauen. Der Mann vom Bau hatte also einen konkreten Bedarf und war ebenfalls bereit und im Prinzip dazu in der Lage, die Güter, Häuser, Wohnungen also, zu produzieren, mit deren Erlös er seinen Bedarf, eine gute Schule fü seine Kin der, hätte befriedigen können. - Aber auch der Bauarbeiter war erwerbslos.
Im Falle unseres Falles standen sich also zwei Bedarfsträger und gleichzeitig zwei zu diesen passende potentielle Angebotsträger gegenüber. Eigentlich müßten da doch der Lehrer wie der Bauarbeiter zufriedenzustellen gewesen sein.
Aber beide waren erwerbslos. Da verdiente dann der Bauarbeiter kein Geld, um den Lehrer bezahlen zu können, der seinen Bedarf befriedigen sollte, und blieb der Lehrer ohne das Gehalt, mit dem er eine Wohnung hätte finanzieren müssen, die der Bauarbeiter erstellen konnte. Beide Männer wollten ein Gut produzieren - und wären von sich aus auch dazu in der Lage -, um den Bedarf eines anderen zu befriedigen und um mit dem auf diese Weise erzielten Entgelt selbst Anschaffungen machen zu können, die ihren eigenen Bedürfnissen entsprachen; aber beide waren sie daran gehindert zu arbeiten.
Und was störte beziehungsweise verhinderte den hier von beiden Beteiligten gewünschten Güteraustausch, von dem man nach Lage der Dinge eigentlich erwarten konnte, daß er problemlos von Statten gehen würde ? Was störte beziehungsweise verhinderte hier die Beziehung zwischen Bedarf auf der einen Seite und Bereitschaft beziehungsweise grundsätzlich gegebener Möglichkeit zur bedarfsentsprechenden Arbeit auf der anderen Seite ? Warum waren hier zwei Menschen erwerbslos, obwohl sie wechselseitig das anbieten mochten und im Prinzip auch anbieten konnten, was der potentielle Beziehungspartner benötigte? Da fehlte es nicht an Bedarf, und es fehlte auch nicht an potentieller Produktionskapazität - und trotzdem herrschte Erwerbslosigkeit. Woran denn fehlte es nur ?
Man geniert sich fast, die Antwort zu geben, so einfach ist sie. Die Antwort lautet schlicht: Es fehlte an Geld, an Kaufkraft; es fehlte jenes Instrument, das den Austausch von Gütern - in unserem Falle zwischen einem Lehrer und einem Bauarbeiter - ermöglichen, bewerkstelligen mußte und in der Praxis auch allein nur ermöglichen konnte.
Ein Tausch Ware gegen Ware, Sachgut gegen Sachgut, Dienstleistung gegen Dienstleistung - ohne Einsatz von Geld – war in geschildertem Fall und ist in einer arbeitsteiligen Wirtschaft insgesamt nur noch in Ausnahmefällen denkbar; ein solcher Tausch kann in aller Regel verrechnungstechnisch nicht funktionieren. - Hätte unser Bauarbeiter dagegen vorab, soll heißen, bevor er ein Haus gebaut und verkauft hat, genügend Geld besessen, um für eine gewisse Zeit die Arbeit des Lehrers an seine Kinder bezahlen zu können, so hätte er dem Lehrer ermöglichen können, gegen Entgelt, für ein Gehalt zu arbeiten. Der Lehrer wäre dadurch seinerseits in den Stand gesetzt worden, ein Haus, das von ihm gewünschte, zu kaufen, zu bezahlen, also dem Bauarbeiter eine bezahlte Arbeit zu verschaffen. Der Mann vom Bau hätte jetzt verdient und mittels seines Verdienstes weiterhin den Lehrer bezahlt. Und so wäre der Lehrer in den Besitz weiteren Geldes gekommen - mit dem er dann gegebenenfalls ein Auto gekauft, also einen Autobauer in Arbeit und Geld gebracht hätte.