Bernankes US-Währungspolitik
Ein Offener Brief an Nikolaus Piper, New York
Sehr geehrter Herr Piper,
mit großem Interesse haben wir Ihren Bericht über Ben Bernanke gelesen (SZ/30.01.14), mit dem Sie Ihre Leser über die Währungspolitik des scheidenden Fed-Präsidenten informieren. - Dürfen wir Sie mit einigen Anmerkungen unterstützen ?
1)Die im Zusammenhang mit der Beurteilung der vorausgegangenen Währungspolitik Benankes für die Öffentlichkeit scheinbar dringendste Frage, die Sie in Ihrem Aufsatz denn auch ansprechen, lautet: “... Wie kann die Fed all das Geld wieder einsammeln, das sie verteilt hat ?“. – Nun, da können wir wohl gemeinsam die Kritiker des jetzt ausscheidende Wissenschaftlers beruhigen. Denn das muß die Fed ganz und gar nicht, und sie darf es auch - um Himmels Willen - nicht !
2) Hinter all dem Notenbankgeld, das die Fed in letzter Zeit über den Ankauf von US-Staatsanleihen in den Markt gepumpt hat, steht nämlich – zum einen - absolut kein realer Gläubiger, der es je zurückbekommen muß oder begründet zurück bekommen möchte.
Und zum anderen: All dieses Geld mußte dem Markt vernünftigerweise für immer als zusätzliche zwingend notwendige Kaufkraft zugeführt werden, um, wie Sie ja auch erklären, den Absturz der Weltwirtschaft einmal zu stoppen und dann mit ihm Grundlagen für einen moderaten Aufschwung zu legen.
Würde dieses Geld je aus dem Kreislauf wieder abgezogen, zurückgefahren, wie Sie schreiben, käme es wieder zu dem Kaufkraftmangel, den wir zuvor hatten, und bräche dann gewiß sogar eine so schlimme Katastrophe über die USA herein, im Vergleich zu der die sogenannte Weltwirtschaftskrise 1929 nur ein kleines Sommergewitter gewesen wäre. - Man darf einem Patienten lebensnotwenig übertragenes Blut niemals wieder abzapfen. - Nicht wahr ?
Wenn die Fed im Interesse des Arbeitsmarktes, mit dem, wie Sie berichten, Bernanke die Geldpolitik eindeutig verband, viel - für Menschen ohne Überblick unfaßbare Mengen - zusätzliche Kaufkraft emittierte, war das unabdingbar, so die im Land produzierbare Gütermenge, Arbeitsplätze schaffend und sichernd, gegen Geld abgesetzt werden soll. – Dann darf man die notwendige Kaufkraft – zwingend - niemals wieder vernichten. Sonst … - ist doch für jedermann einsichtig - ja ?
3) Weiter: Meine Kollegen und ich hören - wie wohl Sie auch - fortwährend die Klagen von mehr oder weniger Insidern und von Laien, die großen Kaufkraftmengen, die unter der Präsidentschaft Bernankes – per Ankauf von Staats- und Hypothekenanleihen -, indirekt über Geschäftsbanken - dem Wirtschaftskreislauf zugeführt worden sind, jene „gigantischen Geldsummen“, die man „gedruckt“ habe – inwiefern hat man die eigentlich „gedruckt“ ? -, führten schon mittelfristig und dann nicht mehr aufhaltbar zu einer katastrophalen Inflation. – Obwohl diese Angst doch tatsächlich total unsinnig, ja schier paranoid ist.
Denn immerhin der Nobelpreisgewinner Milton Friedmann, der allerdings auch so erschreckend banale Sätze verkündete wie: „Inflation ist immer und überall ein monetäres Problem“, war sich gewiß, daß eine Inflation „ … nur ausbrechen kann, wenn die Geldmenge schneller als der Output wächst“ („Output“ = produzierbare und bedarfsangemessene Gesamt(!)gütermenge).
Hoffentlich lesen möglichst viele bisher aufgeregte Zeitungsleser (dieser unser WZB erreicht ja nur maximal 2000 Empfänger) Ihre beruhigende sachliche Feststellung: „Bisher ist es zu einer Inflation nicht gekommen“. Wobei ich mir zu ergänzen erlaube, … weil die Fed bisher definitiv nicht zu viel Geld, Kaufkraft in den Markt eingespeist hat. Sondern sogar viel zu wenig, sonst verzeichneten die USA derzeit nicht sage und schreibe sozialgefährliche runde 8 Prozent Erwerbslosigkeit. Und: … und in Zukunft ist in den Staaten auch dann keine Inflation zu erwarten, wenn dort noch sehr viel mehr weiteres Geld emittiert wird, damit dann die gesamte Gütermenge abgesetzt werden kann, die die bedauernswerten jetzt Joblosen produzieren würden, wenn sie nicht auf der Straße stehen müßten.
4) Ja, und dann der überall gebotene VWL-Unterricht für Urologen: „Spekulationsblasen“. „Wat is denn nu datt ? Un watt sin überhaupt Spekulanten ?“, würde Spörl seinen hier Experten, den schrulligen aber kompetenten Professor fragen lassen. Fassen wir die Antwort in Hochdeutsch zusammen:
Wenn jemand bei einem Straßenhändler ein Lotterielos kauft und in diesem Augenblick einigermaßen sicher „davon ausgeht“, daß er sich „morgen“ mit einem Gewinn aus seinem Geschäft ein Luxusauto wird kaufen können, ist der kein Spekulant sondern nur ein „Dofkop“.- Wenn ein anderer, ein Angestellter, mit Geld aus der Kasse seines Chefs ein persönliches Geschäft „vorfinanziert“, sich dabei rechtfertigt: wenn er Erfolg habe, teile er den Gewinn: Der Chef kriege sein Geld zurück und er eine saftige „Rendite“, dann ist dieser Angestellte kein Spekulant sondern lediglich ein „fieser“ Betrüger.
Auch dann haben wir es nicht wirklich mit Spekulanten und „geplatzten Blasen“ zu tun: Wenn in den USA, wie es derzeit der Fall ist, Millionen Menschen in – genau besehen – Luxusbaracken oder Silos gleich den Plattenbauten der untergegangenen DDR leben und dann ein Immobilieninvestor, wie vor einiger Zeit geschehen, diesen Menschen bessere Eigenheime verkauft, gegen Hypotheken-Ratenzahlungen, weil die Häusleerwerber, die noch einen Job und – in der Regel – durchaus solide kalkuliert haben, daß sie die Raten werden bezahlen können; wenn dann die Investition der Immobilien-Hypothekenbank doch „platzt“, weil die zuvor erwerbstätigen Raten-Schuldner inzwischen erwerbslos geworden sind, weil ihr Arbeitgeber sie „feuern“ mußte, weil die Arbeitsleistung der Gefeuerten wegen mangelnder Geldversorgung des Marktes durch die staatliche Notenbank auf dem Markt nicht mehr absetzbar war, dann ist der illiquid gewordene Immobilien-Banker kein insolventer Spekulant sondern ein Opfer der unzureichenden Notenbank-Politik. Und die sogenannte Blase ist dann nicht „geplatzt“ sondern von der verantwortlichen Politik an- beziehungsweise abgestochen worden.
Oder: Wenn Herr Jemand – sehr wohl auch bei uns in Deutschland – sein Gespartes bei einer Bank seines Vertrauens anlegt und von der Bank dafür Zinsen versprochen bekommt – ohne Zinserwartung würde der Sparer ja zu Hause unter der Matratze sparen, was allerdings die konjunktursteuernde umlaufende Geldmenge reduzieren würde -, dann muß die Bank erwähnte Zinsen – und die Löhne und Dividenden ihrer Mitarbeiter und Eigentümer – über Zinsen hereinholen, die sie über das Weiterverleihen der Kundeneinlagen zu erzielen sucht. Wenn dann die Bank für ihr Verleihkapital nur zu geringe Zinsen bekommen kann, weil zu wenig Kapital nachgefragt wird, weil man nur zu wenig Kapital benötigt, weil sich Investitionen wegen zu erwartender Absatzschwierigkeiten nicht rechnen, weil aufgrund mangelnder Geldversorgung des Marktes durch die Notenbank nur zu wenig Güter gegen Geld abgesetzt werden können … wenn dann die Bank an „windige“ Kunden verleiht, verleihen muß. weil die höhere Zinsen zu zahlen jedenfalls versprechen, höhere Zinsen, die die Bank benötigt, weil sonst ihre Einleger ihr Geld abziehen … wenn dann de Bank ihr Geld nicht wiedersieht und „pleite“ macht, dann hat nicht ein „raffgieriger Spekulant“ seine Blase platzen lassen … Sondern ? … sondern er ist von einer inkompetenten Währungspolitik erdrosselt worden. - Nicht wahr, Herr Piper ?
Nun bleibt abzuwarten, ob, wie Sie fragen, Bernankes Nachfolgerin Janet Yellen „die Geldpolitik der USA komplett normalisieren wird“. Und was die Neue unter Normalisierung verstanden haben möchten wird. – Endlich genug Kaufkraft, also noch viel mehr Geld „drucken“ als Bernanke, auf daß in den USA endlich Vollbeschäftigung eintritt und dadurch am Ende mindestens mitteleuropäischer Wohlstand und verbreitete soziale Gerechtigkeit ausbrechen ?
Oder ob sie etwa „einsammeln“ und damit dann eine „Wiederholung der Weltwirtschaftskrise“ „wagen“ wird.
**********************************************************************
Freiheit, die wir meinen sollten - Freihandel ?
Die absurde Idee eines weltweiten Freihandels
Freiheit, das ist – richtig verstanden - nicht die Freiheit zu dürfen, sondern die Freiheit, keine Angst haben zu müssen, sowie die Freiheit, möglichst überhaupt nicht zu müssen, etwa den Forderungen anderer Menschen folgen zu müssen.
Freiheit ist vielmehr das Recht, angstfrei und ohne gefährliche Folgen fürchten zu müssen, nein sagen zu dürfen. Auch dann nein sagen zu dürfen, wenn ein anderer etwas haben oder etwas tun mag, was der gern haben oder tun möchte, weil das seinen Vorstellungen von und seinem Wunsch nach seiner Freiheit entspricht.
Freiheit hat immer da seine Grenze, wenn ihre Wahrnehmung, ihre Inanspruchnahme einem anderen - von diesem als mehr oder weniger existentiell empfundene - Nöte oder Ängste bereiten. Das gilt gegebenenfalls auch dann, wenn diese Nöte oder Ängste nur durch ein ausgesprochenes, entgegengehaltenes nein hervorgerufen werden.
Im Bereich der Wirtschaft, des Handels, des Gütertransfersbedeutet das, daß weder einzelne Menschen, noch ein Unternehmen, noch ein Staat sich das „Freiheitsrecht“ nehmen dürfen, sich ein Gut einfach zu nehmen. Ebenso darf dann gleichzeitig niemand der sodann Unfreiheit ausgesetzt werden, ein Gut annehmen zu müssen. Daß es also in einer Freiheit kein „Recht auf Geben“ geben kann. Es mag Ausdruck einer gefühlten inneren Freiheit sein, geben zu mögen, weil zu können; aber eine „Freiheit“, entsprechend eigenem Wusch nach außen geben zu dürfen, kann niemandem zustehen.
Man darf einkaufen mögen und tatsächlich einkaufen, wann immer man einen freiwilligen Verkäufer findet. In einer freien Gesellschaft, und gerade einer wirklich freien Wirtschaft, hat man aber auch gleichermaßen das Freiheitsrecht, eine Entgegen-/Annahme eines Gutes abzulehnen, auch wenn ein interessierter und bereiter Verkäufer gern einen entsprechenden – aber verweigerten – Verkauf tätigen möchte.
Jede andere Einschätzung kann und sollte als absurd bezeichnet und zurückgewiesen werden. Das derzeit debattierte, sogenannte Freihandelsabkommen zwischen den USA und dem Euroraum ist ein solch absurdes Vorhaben.
Um zu präzisieren:
a) Wenn jemand ein Gut verkaufen möchte, das der potentielle Käufer – subjektiv – für ungesund, gar „kontaminiert“ hält, darf er die Handlungsfreiheit wahrnehmen, den Kauf ohne Wenn und Aber abzulehnen. Alles andere wäre kein freier Handel.
b) Wenn ein gedachter Lieferant in A ein Gut preisbilliger herstellen kann als Lieferanten in B, darf – und sollte er gegebenenfalls im Interesse möglicher Abnehmer – liefern wohin er mag und wo er akzeptiert wird, auch wenn er einen denkbaren Lieferanten in C damit aus dem Markt konkurriert. - C darf aber das Freihandelsrecht wahrnehmen, sich den – wenn auch preisbilligeren – Gütern aus A zu verweigern, so ihm derartige Lieferungen die oben angesprochenen mehr oder weniger existentiell empfundene Nöte oder Ängste bereiten. – C wird das sowieso nur vorübergehend tun, weil er sein Strukturproblem möglichst schnell wird lösen und dann so billig wie andere in A wird einkaufen mögen.
c) Auch wenn jemand den Ankauf von Gütern mit dem Argument ablehnt, diese würden - subjektiv so geurteilt – unter unmoralischen, inhumanen oder unethischen Bedingungen erstellt, verstößt er – vernünftig gesehen - nicht gegen Marktfreiheit sondern nimmt sie wahr. Alles andere ist kommunistische „Commecon-Wirtschaft schrecklichen Andenkens“.
d) Wenn A von B Waffen kaufen möchte, die er gegen C einsetzen zu müssen denkt und deshalb einsetzen zu dürfen meint, darf und sollte B die Lieferung verweigern dürfen, unabhängig davon, wie er die wohl gegensätzlichen Darstellungen über den Hintergrund ihres gegebenen Konflikts von A einerseits und C andererseits bewertet. B darf sich hier auf die Freiheit berufen, sich davor schützen zu wollen, daß C eine Waffenlieferung als kriegerische Beteiligung Bs einschätzen und dann so reagieren könnte, daß jetzt ebenfalls wiederum in B die oben angesprochenen mehr oder weniger existentiell empfundenen Nöte oder Ängste ausbrechen könnten. Neutralität ist in einem solchen Fall geübte Freiheit zum Selbstschutz.
Auch eine staatlicherseits bewirkte Verhinderung hier gemeinter Waffenlieferungen verstößt nicht etwa gegen die Freie Marktwirtsschaft, sondern entspricht dem Auftrag eines Staates, zu förderst für Sicherheit, Ruhe und Ordnung im eigenen Land zu sorgen.
Das zum Thema „Freiheit, die wir meinen sollten …“, beziehungsweise „Amerikanisch-europäisches Freihandelsabkommen“.